Kernforderungen zur Landtagswahl im Saarland

Wir werden unsere Mitglieder und alle Bürger*innen dazu aufrufen, sich bei der nächsten Wahl für Natur-, Umwelt- und Klimaschutz zu entscheiden. Wir möchten alle demokratischen Parteien dafür gewinnen, mit konsequenten und glaubwürdigen Programmen gegen das Massenartensterben und gegen die Erderhitzung um diese Stimmen zu werben.

1. Unsere Zukunftslandschaften erhalten und gestalten – für Artenvielfalt, Klimaschutz und gesunde Lebensmittel

Die Lage der Natur ist auch im Saarland an vielen Stellen dramatisch. Mehr als zwei Drittel der zu schützenden Arten sind in einem „ungünstigem Erhaltungszustand“, fast die Hälfte der Lebensräume zeigt einen negativen Entwicklungstrend. Diesen Trend müssen wir stoppen und umkehren.

Der NABU fordert:

  • den sofortigen Stopp des Flächenverbrauchs im Saarland,

  • dass sich die saarländische Landesregierung an der im Mai 2020 von der EU-Kommission vorgelegten EU-Biodiversitätsstrategie des „Green Deal“ orientiert, die „mehr Raum für die Natur in unserem Leben“ anmahnt.

  • Die Biodiversitätsstrategie des Saarlandes muss mit konkreten Artenhilfsmaßnahmen für die betreffenden Zielarten umgesetzt werden: Zunächst einmal muss sichergestellt werden, dass gesetzlich verpflichtende Maßnahmen im Rahmen der Eingriffsregelung, von Planfeststellungsmaßnahmen, der kommunalen Bauleitplanung usw. tatsächlich und vor allen Dingen auch wirksam und konsequent umgesetzt werden sowie deren Erfolg durch ein Monitoring nachgewiesen und anschließend im Defizitfall auch tatsächlich nachgebessert wird. Denn dies betrifft nicht selten auch Zielarten der Biodiversitätsstrategie oder zumindest streng geschützte Rote-Liste-Arten. Dies gilt insbesondere für Leuchtturmprojekte wie den Golfplatz St. Wendel oder die Halde Reden.

  • Die Landesplanung muss komplett zurück ins Umweltministerium: Die Aufsplittung der Zuständigkeit in Innenministerium (Bauen – Landesentwicklungsplan Siedlung) und Umweltministerium (Umwelt – Landesentwicklungsplan Umwelt) hat über zwei Legislaturperioden hinweg nicht zur Verabschiedung eines Landesentwicklungsplans Saarland geführt. Die Landesplanung muss zudem zukünftig maßgeblich vom Leitsatz der Flächensparsamkeit geprägt sein, um bis 2030 bereits im Rahmen des kommenden Landesentwicklungsplans Saarland das Netto-Null-Ziel zu erreichen, zumindest aber ernsthaft anzustreben. Die Planungshierarchie darf nicht mehr regelmäßig von kommunalen Planungswünschen aufgeweicht werden.

  • Die Landschaftsplanung muss wieder den ihr gebührenden Stellenwert erhalten: Die ursprünglichen Ansätze zur Landschaftsplanung im Saarland sind in den vergangenen beiden Legislaturperioden nicht wesentlich weiterentwickelt worden, wie es der Gesetzgeber vorsieht. Ohne eine konsequente Landschaftsplanung ist eine nachhaltige Bauleitplanung und damit eine flächensparsame Bodennutzung obsolet.
     

  • Klare Zuständigkeiten im Naturschutz: Streichung von § 47 Abs. 2 Nr. 2 SNG (keine UBAs mehr als UNBs!)
    Dort ist kein Naturschutzfachpersonal vorhanden, das sich diesen Aufgaben weder zeitlich noch von der Ausbildung her in angemessener Weise widmen könnte. Die alleinigen Naturschutzbehörden sollten zukünftig wieder das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (MUV) sowie das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) sein.

  • Kooperation zwischen naturverträglicher Landwirtschaft und Naturschutz fördern. Die Bürokratie für die Landwirte muss reduziert werden, gemeinsame Projekte zwischen Naturschutz und Landwirtschaft müssen gefördert werden.

2. Erderhitzung auf 1,5 Grad begrenzen - 100-Tage-Klimaschutz-Gesetzespaket unter Einbindung der Landnutzung

Der NABU fordert:

  • ein 100-Tage-Klimaschutz-Gesetzespaket gleich am Anfang der Legislaturperiode: Das Paket muss Sofortmaßnahmen umfassen für mehr Energie- und Ressourceneffizienz, mit einem naturverträglichen Ausbau der Erneuerbaren Energien, einem Moratorium gegen den Umgehungsstraßen-Neubau, einem Stopp des Flächenverbrauchs in Wald, Feld und Wiese. Stichwort: Brownfield statt Greenfield. Das Saarland muss seinen Beitrag leisten: Die Klimaneutralität muss deutlich vor 2050 erreicht und das Klimaziel für 2030 auf mindestens -70 Prozent gegenüber 1990 angehoben werden,

  • Die Landesregierung muss eine Kreislaufwirtschaftsstrategie entwickeln, in der ihre Einzelstrategien, wie die Rohstoffstrategie und die Programme zur Abfallvermeidung, zum nachhaltigen Konsum sowie zur Ressourceneffizienz zusammengeführt werden.

  • Die Landesregierung muss den naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien im Einklang mit dem Artenschutz vorantreiben. In schnellen Schritten sollen alle geeigneten öffentlichen Dächer mit Solaranlagen ausgestattet werden und dabei bestehende bürokratische Hürden abgebaut werden (genehmigungsfreie Installation von PV und Solarthermie an und auf Privatgebäuden). Photovoltaik, Solarthermie und Dachbegrünung mit bis zu 50 Prozent der Kosten zu fördern.

  • Leitmotto „Dach vor Freifläche“ bei der Photovoltaik: Dachflächen müssen Vorrang vor der Photovoltaiknutzung in der freien Landschaft haben, und zwar nicht nur als Absichtserklärung, sondern auf der Grundlage konkreter nachvollziehbarer Kriterien. Der NABU spricht sich dafür aus, die Nutzung von Freiflächen an einen vorgegebenen prozentualen Anteil einer Dachflächennutzung zu koppeln und zugleich deren bürokratischen Hürden abzubauen.

  • Windenergiefreier Bliesgau: Der NABU bekräftig seine Jahrzehnte alte Forderung, den Bliesgau als Rotmilan-Dichtezentrum, wegen seines IBA-Status (Important Bird Area) und ohnehin hohen Anteils an Schutzgebietsflächen (Tabuflächen) in Gänze von Windenergie freizuhalten.

3. Renaturierung – unsere Ökosysteme als natürliche Klima-Retter bewahren und wiederherstellen

Der NABU fordert:

  • die Erarbeitung und schrittweise Umsetzung eines Renaturierungsplans innerhalb und außerhalb der Siedlungsräume des Saarlandes zur Wiederherstellung von Ökosystemleistungen und die Orientierung aller Maßnahmen an den Anforderungen des Natur- und Artenschutzes,

  • die Ausweisung von 2 % der Landesfläche als Wildnis Gebietenach der Definition des Bundesamtes für Naturschutz),

  • Naturschutz-Personal aufstocken: Der NABU spricht sich nachdrücklich für eine personelle Verstärkung der Naturwacht Saarland und der Naturschutzbehörden aus, da der Druck auf Natur und Landschaft und damit der Bedarf an fachkundigem Personal weiter steigt.

4. Nachhaltige und gerechte Mobilität für Alle – ein Stopp für den Straßen-Neubau

Vor dem Hintergrund einer schrumpfenden saarländischen Bevölkerung sind sämtliche Straßen-Neubauvorhaben nicht mehr zu rechtfertigen. Ende 2019 lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes noch 987.000 Menschen im Saarland und befuhren mit über 700.000 PKW das dichteste Straßennetz aller Flächenbundesländer. Für 2030 wird nur noch mit 916.000 Einwohner*innen gerechnet. Weiterer Straßenbau wird die strukturellen und auch die aktuellen Verkehrsprobleme des Landes nicht lösen.

Der NABU fordert:

  • Investitionen in klimaverträgliche Mobilität: Das Saarland braucht neue Schienenwege, den Ausbau des ÖPNV, von Radwegen und Fußgängerzonen. Dabei müssen Aspekte des länderübergreifenden Biotopverbundes bzw. der Lebensraumkorridore berücksichtigt werden.

  • Stopp aller Straßen-Neubauprojekte und Umlenkung der dadurch gebundenen personellen Kapazitäten sowie die eingesparten Mittel in den ÖPNV! Ein Moratorium für den Bau neuer Gewerbegebiete verhindert weitere, irreparable Schäden für den Natur- und Klimaschutz, bis ein sinnvolles Gesamtkonzept unter der Maßgabe des Natur-, Arten- und Klimaschutzes erarbeitet wurde.

5. Wissen und Werte – Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) für alle

Der NABU fordert:

  • die dauerhafte Etablierung einer Saarländischen Akademie für Artenkenntnis (SAKA),

  • die Einbindung des Saarlandes in das bundesweite BANU Netzwerk (Bundesweiter Arbeitskreis der staatlich getragenen Umweltbildungsstätten im Natur- und Umweltschutz).

  • Alle müssen die gleichen Chancen auf Umweltbildung bekommen, Umweltbildung ist inklusiv und partizipativ. Bildung im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung beteiligt alle an der Lösungsfindung für die globalen Herausforderungen etwa zur Vermittlung von ökologischen Zusammenhängen, Konsum und Ressourcen, Artenkenntnissen und demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten.

Kontakt:

Dr. Julia Michely, Landesvorsitzende