Spaziergänger wurden Anfang Oktober auf einen Graureiher aufmerksam, der geschwächt und ohne Fluchtverhalten an der Uferböschung der Saar saß. Kurzerhand informierte die Beobachterin den NABU, der innerhalb von wenigen Minuten vor Ort war.
Der Vogel war total geschwächt, zeigte keinerlei Abwehrverhalten und ließ sich völlig passiv einfangen. Normalerweise sind die Tiere sehr scheu und zeigen Abwehr- und Fluchtverhalten. „Das war schon sehr auffällig und ungewöhnlich, dass ich den Vogel einfach so mit einem Tuch auf den Arm nehmen konnte, er war in einem sehr schlechten Allgemeinzustand“ so Teresa Feld, NABU Fechingen-Kleinblittersdorf.
Auf den ersten Blick hatte der Vogel keine sichtbaren Verletzungen – doch bei genauerem Hinschauen dann der grausame Befund: Der Vogel hatte mehrere Angelschnüre und Drähte um Schnabel und Hals gewickelt und war damit quasi bewegungsunfähig. Ein Angelhaken steckte in seinem Kehlkopf die Zunge war mit Angelschnur abgeschnürt und bereits nekrotisch. Ein Drillingsangelhaken perforierte sich aus seiner Speiseröhre im Innern seines Körpers nach außen.
In diesem schrecklichen Zustand verharrte der hilflose Reiher vermutlich schon einige Tage. Gemeinsam mit der Naturwacht wurde der Vogel sofort in eine Tierklinik transportiert, wo der diensthabende Tierarzt in mikrochirurgischer Feinarbeit den Vogel sorgsam von den Angelschnüren und Haken befreien konnte. Bedauerlicherweise war der Allgemeinzustand des Graureihers leider so schlecht, dass er kurze Zeit später an seinen schlimmen inneren Verletzungen verstorben ist. Der Vogel hatte vermutlich auf der Nahrungssuche einen liegengelassenen Fang von Anglern mit Haken und Schnüren aufgenommen.
Wir leben in einer Gesellschaft, die es genießt, Freizeit in der schönen Natur zu verbringen. Wie kann es dann sein, dass gerade diese Menschen ihre Freizeitabfälle wie Angelschnüre und Haken rücksichtslos an den Gehölzen und Ufern unserer Gewässer hinterlassen.
Aber auch in der Natur entsorgter Wohlstandsmüll und Abfälle aus der Landwirtschaft und Baubranche führten in der Vergangenheit auch im Saarland in der Vogelwelt immer wieder zu tödlichen Unfällen. Teresa Feld fand bei der Brutkontrolle in Webenheim drei tote Jungstörche in ihrem Nest. Die Obduktion ergab, dass die Mägen mit Silikonabfällen, vermutlich illegal in der Natur entsorgte Abfälle aus dem Fensterbau, gefüllt waren. Die Altvögel verwechselten diese wohl mit Würmern und verfütterten das Silikon an ihre Jungvögel, die dann mit gefüllten Mägen qualvoll verendeten. Kurze Zeit später strangulierte sich ein Jungstorch im Nest tödlich an landwirtschaftlichem Bindegarn, welches die Eltern zum Nestbau aufgesammelt haben.
Und dies nur einige Beispiele, die bekannt geworden sind. Was bleibt ist Ratlosigkeit und die Hoffnung darauf, dass ordnungsgemäßes Freizeitverhalten und Müllentsorgung Normalität wird.
Kontakt: Christine Steiner, Kompetenzstelle für Vogelschutz im Saarland